Samstag, 10. Oktober 2009
bauernkind (männertrauer)
ich hab den tod
auf dem land gelernt
als kind
im letzten jahrtausend
unbändige neugier
stärker als jede angst
als der tod nur ein wort
und der tote nur ein name war
der luxus
ungehemmt jederzeit
weinen zu dürfen
(und zu können)
als die ging
die mich immer getröstet hatte
in der kirche auf der männerseite
die gesichter der bauern
zerrissen, zerfurcht wie ihre ackerschollen
und hart wie die erde im dezember
eiskristalle in den augenwinkeln
die zu schmelzen drohen
das salz der ungeweinten tränen
sickert tief
und wird irgendwann den boden vergiften
initiationsritus im dorfwirtshaus
der almdudler markiert mich zwar als kind
wird mich aber nicht vor dem schützen
was es zu höhren gibt
und inzwischen auch schon einer von ihnen
mein onkel
der an seinen gott zweifelt
(während ich mit meinem ersten debreziner kämpfe)
die hilflosigkeit eines dorfpfarres
und worte aus dem zigarettenqualm
zwar schaal und abgestanden wie verschüttetes bier von gestern
aber ein mantra das die dämonen bezwingt
allerseelen
wir lassen heissens wachs auf unsere hände tropfen
das uns die zwar die haut verbrennt
aber die kälte vertreibt
die gnadenlosigkeit einer totenglocke
und rote feuchte augen
die sich trotzig in den wind drehen
niemand hier wird sich
ray-bans vor die tränen stecken
männer weinen dort selten
und wenn sie's tun dann schämen sie sich nicht.
sie haben's mich damals schon gelehrt
- das einzige was ich auch noch heute wissen muss -
das bis jetzt
noch jedes Jahr
der Frühling
irgendwann
gekommen ist.
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