Freitag, 20. Dezember 2013

feine wäsche

das morgengrau
hat heute einen nassen touch
so als ob es uns
signalisieren möchte
dass es sich bemüht uns weiße weihnachten zu bringen
aber selbst nicht glaubt
es zuwege zu bringen

vor dem straßenbahnfenster
der dessousladen
gleich neben dem Juwelier
wo schon blut verspritzt wurde
in der auslage ein kurzes nichts
von einem seidenkimono
weihnachtlich rot
davor eine goldene kugel
an langer weihnachtskordel

das seltsame ist,
dass diese kugel sanft pendelt
in den shop der seit 12 stunden geschlossen,
und die warmen Reflexionen über den
roten Stoff gleiten
wie einen körper liebkosend
oder wie eine frau die sich
aus der dunkelheit erhebt

stillstand
ist im univerum
nicht vorgesehen.

way home

....es war keine Verabschiedung,
sondern nur ein schnelles abkoppeln,
zwanglos entspannt
ohne der Absicht
diesen abend noch was erzwingen zu wollen
luxuriöse gelassenheit
weil man seit kurzen wieder glaubt
mehr zeit der welt zu haben

dann der Moment
kurz bevor du dich für den Soundtrack
zu deiner heimfahrt entscheidest.
es ist nicht der song den den wählst
sondern dieser kurze augenblick der
Unentschlossenheit
deine gespannte Erwartung was du tun wirst
und das Universum den atem anhält
und sich (dir) alle Möglichkeiten offen hält

Reflexionen über den tag
die letzten stunden
und dass deine haut
(unter der Oberfläche)
noch immer ein wenig glüht
nachdem du dich in
noch fremdem
neuen chi(s)
sonnen durftest

mädchenclique
im straßenbahnabteil
schwarzes feuer in ihren augen
lebendiges lachen
und die luft um ihnen
pulsiert

später haben bruce und ich
ein paar quantenzustände kollabieren lassen
der Heimweg ist nicht mehr die naheliegendste Möglichkeit
sondern die empirische Tatsache
und in der menschenleere
straße
auf sanft vereisten wegen
ein paar
ungezwungene
Tanzschritte

Dienstag, 17. Dezember 2013

fragments without a story

.....von außen gesehen war es nur ein Händedruck unter Kerlen,
aber von innen
hatte es die seltsame Vertrautheit
von zwei Männern,
die sich eine Nacht - oder einen Tag - lang,
die Aufmerksamkeit einer Frau geteilt haben
ohne darum kämpfen zu müssen,
oder zu dürfen.....

....dieser Morgen konnte gar nicht grauer werden,
selbst das Quietschen der einfahrenden Straßenbahn
klang kalt in der eisigen Luft.
Wenn die Winterlethargie schneller wuchs als die Verzweiflung - das blieb zu hoffen -
würde die Selbstmordrate einigermaßen konstant bleiben.
Und diese Nicht-Geschwindigkeit mit der die Menschen zur den Türen
wankten, behindert durch ihre dicken Daunenjacken sah ganz danach aus.
Zwei unmittelbar vor der öffnenden Tür,
für die unsere Welt nicht existierte.
Er hielt ihren Kopf - die Wangen waren das einzige Stück zugängliche nackte Haut -
in den Händen und drückte ihn an seinen Mund
wie eine süße Frucht die er aussaugte.
Ungegessenes macht dich zwar nicht satt,
aber es verhindert dass man verhungert.....



"Wer war das eben,
mit dem sie sich so intensiv unterhalten haben,
ein Kollege?"
"Keineswegs! Mathematiker und Krieger
sind nicht zwangsweise in der selben Branche tätig,
wenngleich es auch Anknüpfungspunkte gibt.
Beispielsweise erkennen wir eine Linie wenn wir einer begegnen
und respektieren sie, ungeachtet der Tatsache,
dass wir sie gegebenenfalls  
übertreten oder schneiden müssen."
"Sie reden wieder mal im Metapher"
"Zweifelsohne -
aber bedenken sie, solange NUR geredet wird,
erfüllen die Linien ihren Zweck..."
"Jetzt sprechen sie aber nicht als Mathematiker!"
"Korrekt - aber wer gibt Ihnen die Garantie
 dass ich der Mathematiker bin,
und bedenken sie - es beleidigt uns alle drei,
wenn man das offensichtliche ausspricht!"

Samstag, 14. Dezember 2013

lost among the angels

der tag
erwacht sanft an meiner seite
beide gleiten wir ins Sonnenlicht
an diesem morgen
und der körper so viel schwerer
als mein kopf

meine lippen noch rot
der rioja hatte viele Farbstoffe
und auch diese nacht
nur geheimnisse gesaugt
und verschmitzt trunken von
nur ein kleinbisschen
zuviel
wahrheiten

und auch heute
hat es dem Universum gefallen
dass der schöne jared
und seine jungs
mir den passenden Soundtrack
zum leben
singen

darüber
wie es ist
unter den engeln
verloren zu sein

wie es war
als wir
(es)
uns erschaffen haben

was es kostet
unsere träume zu machen
und wie es ist
wenn wir sie zerbrechen
und der preis dafür
dies nicht zu tun

und dass das alles
gar nicht mal so schlecht ist
in anbetracht der
dunkelheiten
aus denen wir kommen....





Donnerstag, 5. Dezember 2013

bad boys blues

arbeitsweg.hörbuch
über eine alte frau die nicht sterben kann
an diesen Herbsttag der noch kein winter sein kann
an diesem mittwoch der kein freitag ist

ihr gesicht
nur zufällig im überfüllten
wagoon gesehen
zwischen Rucksäcken, Schultaschen und
winterjacken nur ein schmaler sichtkanal
den seltsame Kräfte
offen halten

ihre blick aus dem fenster
aber ihre augen unbewegt
weil sie draußen nichts sieht
und weil es dort auch nichts zu sehen gibt

stationseinfahrt
und wiederholt die frage:
sich nach vorne drängen?
ein zusammentreffen erzwingen
und dem tag ein, zwei
lächeln abringen
oder aufzwingen?

variablen abwägen
den weg den sie geht
den weg den ich gehe
der punkt wo der wagoon stehenbleibt,
wie schnell man draußen ist
und welcher weg den anderen kreuzt

oder dann doch wieder
sich von schuld und verantwortung
drückend
freikaufend
es dem tag überlassen
was er mit diesen
startparametern
anzufangen gedenkt

ausstiegsturbulenzen
aus den augen verloren
uneinholbare vorsprünge
und ein haarschopf in der menge
wie eine verblassende ahnung
kurz bevor der graue tag
über mich
zusammenschwappt.

Mittwoch, 27. November 2013

winterküsse

verhasstes Wetter.
kalte zeit.
begrüßungsküsse
für junge Mädchen
die aus der kälte kommen

die notwendigkeit
sich durch wollschals
und pelzkrägen
arbeiten zu müssen
um unsere wangen
(hart wie kiesel)
an diese sanft geröteten
hautflächen zu drücken
um unsere Begrüßungen
anhinzuhauchen

und
an unserer wange
frisches fleisch
das nach kühlraum
riecht

Dienstag, 12. November 2013

entfallene Szene (Dialog)

Sie: "Dir ist mein neuer Stil also aufgefallen"

Er: " Wie sollte er das nicht"

Sie: "Und gefällt er dir?"

Er: "Darüber sind wir hinaus, ich denke mit gefällt inzwischen alles was du machst"

Freitag, 11. Oktober 2013

nachtgesichterInnen

"nah, was geht?"
 
"irgendwas großes kommt wieder daher, teils hässlich, teils schön aber auf jeden fall beunruhigend"

 
"ist wieder deine anima gekommen?"
 
"nicht direkt, sie hat andere geschickt"

"andere?
was ist so besonders daran?
 sie ist bis jetzt doch niemals zweimal in den
gleichen gekommen.
es waren ja immer fremde"
 
"bis jetzt ja.
aber in letzter zeit sind es immer bekannte.
uncodiert.
hardcoded"

"dann ist klar warum der horizont bebt"

Mittwoch, 9. Oktober 2013

familiendrama

(strohwitwerwochenende und die
gedanken laufen an diesem morgen
schneller als sonst)

sie kamen mir die stiegen entgegen
von oben
in der u-bahnstation
in seltsam einträchtiger ähnlichkeit

vater (nicht zu alt)
und sohn der schnell hochgeschossenen art
in nicht eleganter aber
förmlicher kleidung
zu korrekt für diesen samstag vormittag
und viel zu langsam

gleiches layout
gleichschritt
aber ihre gesichter verraten
das sie diesen morgen
noch kein wort miteinander gesprochen haben
und es auch so schnell nicht tun werden

nicht weil sie einen grund zum schweigen
sondern keinen zum reden haben

das wirkliche drama aber
sind die rosen

feste rote blüten
auf kurzen stielen
frisch und tropfend
eingewickelt in eine küchenrolle

lebendig traurig
wie auf die schnelle
abgeschnitten auf den balkon
und ins papier
weil bis zur friedhofsvase
ist es soweit nicht

respektabstand
weil sie zu dritt sind
auch wenn man nur zwei sieht

ihre trauer ist verwelkt
aber gut erhalten

---
beten,  dass -
in welcher konstellation auch immer -
es so nicht kommt möge

Sonntag, 1. September 2013

distant wars

...und du sitz an einem Mittagstisch
und die anderen reden über die Krebserkrankungen
nichtanwesend.unbekannter
wie ein Haufen Zivilisten
über einen weit entfernten Krieg
sorglos unaufgeregt
weil die eine hälfte es nicht weiß
und die andere es schon vergessen hat
dass du selbst dort warst.

Nur einzelne  Zeugen (Kolateralopfer)
deines Kleinkrieges lächeln stumm
und ohne Reaktion
weil die Erinnerungen noch frisch
aber immer weiter weg sind.

Und das Gespräch driftet weiter
wie ein Stück Treibholz auf den Mekong
und es bleibt unklar ob es an dein Ufer stößt.

Und wie darauf reagieren
wenn es plötzlich doch einer bemrkt und fragen würde
"du warst doch auch dort?"

Inzwischen der halbherzigen Heldenerzählungen
müde, gelangweilt
"ja ich war dort, aber nur ruhige Kugel, ein Spaziergang"

(was zwar meine Story ist - verglichen mit den andern opfern -
aber der Sorge und den Schmerz der Angehörigen
auch nicht gerecht wird)

Montag, 19. August 2013

role models und prägungen

"woher die schmutzigen ränder unter deinen fingernägel"

"ich hab wieder mal einen prototypen ausgegraben"
 
"verstehe, das letzte mal war es "der patient" aber was war es diesmal"

"das mädchen mit den hellen locken"
 
"ich dachte das wäre längst offensichtlich, wer die erste war"

"die erste war nicht die erste. die von der wir reden hat nicht das muster gemacht, sondern es lediglich nur erfüllt"
 
"muss beeindruckend gewesen sein"
 
"landdisko und stroposkoplicht. keine große sache.
 manche muster werden nur deshalb muster
weil das trägermaterial aufnahmefreudig ist"
 
"wie die graugänse von lorenz"
"du sagt es bruder!"

bierzelt

2013 Niederbayern Gegenwart
und obwohl sowohl zeitlich (30 Jahre)
von den Bierzeltfesten meiner Kindheit
als auch geografisch (niederösterreich)
entfernt
dennoch ein seltsamer Nachhall
eine coverversion
eine variation
über ein altes thema

halte es nicht lange aus
auf den ewigen bierbänken
waren es damals meine zu kurzen beine
ist es jetzt mein hiniches kreuz

auf und rumdriften in der menge
möglichkeiten ausloten
für die früher mein taschengeld oder der mut
nicht reichte

junge mädels an meiner seite
attraktiv jenseits des erreignishorizonts der
zurückliegenden vorstellungen
und außerdem meine töchter

schlange vor der langosbude
und vor mir ein frauenkörper
der geil wäre
wenn er nicht unter
mehr tätowierungen verborgen wäre
als die uffizien
gemälde beherbergen

viel mehr dirndl als zu meiner zeit
auch diese eine neuinterpretation
die brüste draller (wounderbra)
und auch die schenkel
(in niederbayern bekommst du für dein geld
ordentlich was auf den teller)

am schießstand
ein alter john wayne
behäbige schüsse aus der hüfte
doch keine indianer die fallen mögen

neben ihn
lara crofts zarte cousine
kurze hose, schwarze locken
die arme in perfekter 3 Punktauflage
und auch die beine in ausgewogene
zenhaltung.
langes zielen und beim schießen -
- ja ich hab ihr auf den busen geschaut -
hält sie den atem an.

john wayne is not amused
und sie schießt sich ihre röslein
selber

dann wollen wir es wissen
chips für die eclipse gekauft
und in die schlange gestellt.

kurz vorm schranken verlieren wir den chip
der irgendwo unter die tribüne in die menge fällt.
meine frau
unten in der zuschauermenge, schaut grad weg
und es ist nicht die angst um das geld,
sondern die angst, dass ich es mir anders überlege.

urschrei um sie herbeizurufen
(etwas was mir vor jahrzehnten ein leicht abgefahrener
oberstleutnat beigebracht hat).
plötzlich eine zarte hand aus der menge
die uns den chip hochhält
schießstandröslein im ausschnitt
ein kleines lächeln
dass die erwiederung auf ein dankeschön
schon inkludiert und weg.

es war die schützin !
sagt anna.
auch meine tochter erkennt inzwischen
kriegerinnen.

dann hat uns das karusell
und halb haben wir es
und halb hat es uns.
wie tanzen auf den drehungen
erkennen die muster
um uns dann doch wieder überraschen lassen
zu müssen.

testosseronkonzentration
vor dem bierstand
sich durch die menge schieben.
eine frau mit sektglas lässt mich vorbei
und ich schreie ihr etwas ins ohr
dass dennoch ein flüstern bleibt
fremdländisch und ungewöhnlich
(danke,sehr aufmerksam)
dass sie lange zeit nie vergessen wird

rotkreuzwagen
beim haupteingang
die notärztin auf standby
klein und gedrungen
gerade mit einem mädchen scherzend
und die spindförmigen sanitäter
denen sie gerade bis zur brust reicht
sprungbereit unter ihren kommando.
autoritätsperson
und everybodysdarling.
eine frau wie sie in einem stephen.king.roman
wenn schon nicht die hauptrolle
so doch ein tragend tragischer
nebenpart wäre

wir haben noch nicht genug
und gehen ins "superhupferl"
das verdächtig verlockend an die "taga-tags"
meiner kindheit erinnert
aber mehr leistung unter der haube hat
und auf meine alten knochen
wirft

beziehungsweise sind es meine knochen
die sich auf die pritsche hauen
weil man glaubt das man es durchstehen kann
alleine es fehlt an boden.

blick auf die youngsters
die in der mitte tänzeln
"hoit die fest, des is a profi"
sagt der aufmerksame
belustigungstechnologiebetreiber
über die anlage
und ich folge ihm aufs wort.

ausgedrunken
ausgedreht
(der körper wird erst morgen schmerzen)
heimweg in der dunkelheit
auf der gartenmauer die ersten opfer
hingeworfenen mädchenkörper
den blick klar aber traurig zu den sternen gerichtet
unangetastete bierkrüge
weil sie den herzschmerz noch auskosten
bevor sie ihn zu ertränken versuchen
daneben ihre besten freundinnen
emotionale erstversorgung
und die nacht ist noch jung.

Mittwoch, 14. August 2013

hitzewelle

Hitzewelle
der Asphalt fast flüssig
aber die Gedanken so träge
knapp unterhalb der zündtemperatur

die Geschäfte mit klimanlage
heruntergekühlt
wie eine Leichenhalle
und die meisten frauen
tragen weniger als ein
leichenhemd

anders die Männer
weil deren mode
in der geschäftsmäßigen
mindestelleganz
viel haut nicht erlaubt
und die die es dennoch tun,
dass meiste davon willst du nicht sehen

supermarkteingänge
kalt wie todesgrotten
und mir schwummert vor den gedanken
an die hitzegebläse der kühlaggregate
und welche stadt die jetzt wohl aufheizen

manche frauen so lockig flocker
und die männer kurz vorm amoklauf
in der rolltreppe einer
der einen andern mit hund angeht
(ob er denn nicht wisse das tiere auf der rolltreppe
verboten seien)
nicht weil es ihm um den hund ist
sondern weil das herrchen nach "opfer" aussieht

"bitte rechts stehen!" herrsche ich ihn an
(es ist keine bitte)
und scheuche ihn zurück in die menge
(klonfleischfresserverfluchter)

eingequetscht in der u-bahn
es riecht nach schweiß
und nach etwas, das von noch viel tiefer kommt
die geruchsnote die man nur auf den
toiletten der krebsstationen findet
wo sie die patienten mit hochdruck bewässern
und es die letzten intimitäten aus den pohren drückt

spüren wie die eigenen schweißtropfen
unter dem hemd bahnen folgen
aus denen sich berechnen lässt
dass die idealform schon langst verlassen
und jedes gramm wiegt heute dreifach

vor mir ein nacktes rückenteil
feucht glänzend wie morgentau
zwischen den schulterblättern
und die frage
ob die salzige haut
zu zitrone und tequilla
konvenieren würde





Mittwoch, 31. Juli 2013

romanfragment (Entwicklungsroman)

"es ist der lauf der Zeit" sagte er,
machte ein pause und schob sich die schwere kubanische zigarre,
eine von der art wie churchill sie immer geraucht hat,
in den mundwinkel.

ein Zigarre, die die letzte halbe stunden
zwischen seinen händen hin und her gewandert war
es ein paarmal zwar bis zwischen seine lippen
aber noch immer nicht geschafft hatte entzündet zu werden
weil die lippen für erzählungen gebraucht wurden.

und auch jetzt war das feuer nicht wahrscheinlich,
denn die hände, die das alte abgegriffen zippo ebenfalls die letzte halbe stunde
unentwegt gedreht, gewendet, geöffnet, geschlossen, weggesteckt und wieder hervorgeholt hatten,
(gerade so als ob parallel zu den worten, auch der der körper in bewegung sein musste, weil sonst das denken aufhört), diesen hände griffen jetzt nach der flasche,
und schoben die beiden schweren kristallgläser in position
(mit der nachlässigen bestimmtheit mit der der ein alter general im hauptquartier seine divisionen bewegt.)

dann entkorkte er die flasche
und nahm die zigarre in die freie linke hand
um den gedanken, den satz wieder aufzunehmen
während er den schwarzgebrannten maltesischen whiskey eingoss.

"es ist der lauf der zeit,
ihr wart einst gesprächspartner
und seid freunde geworden, ohne es zu wissen oder zu ahnen."


"aber jeder freund ist immer auch ein mitwisser,
und nichts ist gefährlicher als die wahrheit,
auch wenn sie so viele jahre auf den puckel hat."


"freund, mitwisser, geheimnisträger
sie hat noch nicht kapiert, noch nicht akzeptiert
das das das selbe ist,
und das man wahrheiten am besten in freunden
begräbt.
ohne grabstein, ohne blumen.


entweder um sie später auszupuddeln, falls man sie nochmal braucht
oder um sie dort auf ewig verrotten zu lassen"
 

"totengräber, das sind wir!"

die letzte worte waren ein kleinwenig traurig
aber auch feierlich
und klangen wie ein toast.

schweigsame schlucke
und dann ratsche
doch noch das zippo auf
und entzündete die zigarre
um damit klar zu machen
dass keine worte
oder weißheiten mehr
diesen sonnenuntergang
besudeln
würden.

romanfragment (ökothriller)

Jay saß auf den Stufen.
Die Hitze brüttete über der Stadt und brüllte in seinen Adern.
Irgendwann nahm er wahr, das Meg neben ihm saß. Er versuchte angestrengt nachzudenken ob sie sich neben ihn oder er sich neben sie gesetzt hatte.

Es waren die Stufen hinter der Haltestelle in Vitoriosa, gegenüber dem Cafe Riche das jetzt geschlossen hatte.
Hinter ihnen lag der Stadtgarten, der Boden vertrocknet aber die Bäume zweifellos voller Leben.

Mittagszeit
Der Verkehr hatte nachgelassen, wenige Menschen auf der Straße.
Sie saßen hinter der Haltestelle und warteten auf den Bus,
der zweifellos kommen würde wenn gleich der Zeitpunkt - aufgrund seiner Erfahrung - äußerst ungewiss war.

Langsam kam sein Kreislauf zur Ruhe.
Das Blut pulsierte nur mehr in seinen Schläfen
wie ein stiller Taktgeber.
ansonsten Stille,
nur hinter dem Kreisverkehr an einer anderen Station
ein Frau und ihr Handy
und irgendwo anders jemand der/die es wirklich ganz fett abbekam.

Stille.
Schweigen.
Nichts zu planen.
Nichts zu besprechen.

"Hörst du das?" fragte er und lehnte sich hinüber.
"Was?" fragte sie.
Er sah sie an, und verstand sie, nicht weil er sie hörte sondern weil er die Worte von ihren Lippen ablas.
"Hörst du es wirklich nicht?" sagte er, und er wusste das er jetzt eigentlich fast schrie.
"Was denn?" fragte sie verwundert und vielleicht auch leicht verärgert.

Jay kannte das Phänomen - auch wenn er es nicht physikalisch erklären konnte - von einem weit zurückliegenden Einsatz her. Damals waren er und seine Leute im Turbinenraum eines Speicherkraftwerkes untergebracht.
Die Turbinen liefen während der ganzen Nacht und machten dabei Geräusche, die viele gar nicht wahrnahmen, kaum jemand als laut und niemand als schmerzhaft empfunden hatte und die keinem am Schlafen gestört hatten. Erst wenn man miteinander gesprochen hat, hat man gemerkt das diese Vibrationen alles überdeckten, dass man gegen diese leisen Geräusche anschreien musste, so als ob sie den Schall schluckten.

Meg lauschte, vielleicht auch weil ihr inzwischen aufgefallen war, dass sie seine Worte las und nicht hörte.

Vor zwei Tagen an der Küste hatte sie dieses Geräusch gehört, ein seltsam monotones leises durchgängiges Kreischen. Hätte es einen Rhythmus gehabt, dann hätte man es als das erkannt was es war, das Zirpen einer Grille. Aber es war ein monotones unabgehacktes schrilles Zirpen.
Damals an der Küste oben hatte sie gefragt ob diese Geräusch was natürliches ist, oder ein Maschine. Aber oben an der Küste war es offensichtlich, dass da nicht irgendwo eine laufende Bandsäge oder ein Trennscheibe heulend in den Klippen hing.

Genauso war es jetzt.
Nur viel viel lauter.
Und es schien von überall her gleichzeitig zu kommen.
Erst wenn man es bewusst wahrnahm, erkannte man, wie laut es war.

Jay schätze, dass es im Moment den Klingelton seines Handys weit übertreffen würde.
Und telefonieren wäre jetzt unmöglich.
Jay blickte hinter sich.

Hinter ihm lag der Stadtgarten - wie das Aufmarschgebiet einer unsichtbaren unheimlichen Armee.
Jay kam ein schrecklicher Gedanke. Was wäre, wenn sich die Urheber dieser Geräusche (Grillen, Schrecken, Kakerlaken einerlei) koordinieren würden. Gewollt oder ungewollt.

Die heimischen Arten die er kannte, die in der Regel nur ein paar Sequenzen taktvoller Rhythmen von sich gaben, würden nur ein unkoordinierte Kakophonie hinbekommen.
Aber diese Art hier, mir ihren ungebrochenen Dauergeheule?

Was, wenn diese Tiere, konzentriert, alle gemeinsam, alle gleichzeitig loslegten.
Wie viele tausende mochten alleine in den kleinen Park hinter ihm sein.
Was würde sie koordinieren?
Wie schnell würde es sich ausbreiten
Was könnte sie aufhalten?



Fast geräuschlos fuhr der Autobus ein, und beim Eintreten in den klimatisierten Fahrgastraum überlegte sich Jay ob es vielleicht schon begonnen hatte.

am tische gegenüber (familiendrama)

der junge
sieht aus wie von norman rockwell gezeichnet
gelangweilt -
und ein wenig dümmlich mit seinem leicht abstehenden ohren -
über dem müsli hängt oder einem sponatanen einfall folgend
in einem lachen hochzischt
wie eine geschüttelte flasche
dr.pepper.

neben ihm sein vater
unscheinbares allerweltsgesicht
unaufregend müde.
selbst wenn du mit ihm in der transibirischen eisenbahn bis
ulan bator fährst könntest du ihn nachher nicht identifizieren,
geschweigen denn ein phantombild entwerfen.

ein mädchen mit blonden haaren
große brille
große zahnspange
große möglichkeiten

das drama ist die mutter
makellose haut
wundervolle linienführung des gesichtes, der augen, der lippen
perfekte körperformen
(jetzt vermutet, später am pool verfiziert)
allein sie weiß all das nicht
weil sie es nicht mehr glauben will
und es ihr seit langer zeit niemand gesagt hat.

ihr haar ist grau und kurz
weil sie glaubt,
dass man graue haare nur kurz tragen darf
und die flottheit der frisur
das gekonnte werk ihres friseurs
der auch keinen dank dafür erhalten
(aber selbst dass sieht sie nicht)

das tragische ist
dass sie zu diesem allzufrühen zeitpunkt schon
die rolle der
bezaubernden jungen frau
des charmepolzens
"everbodys Darling"
ihrer dreijährigen überlassen hat
die augen schlägt
und haare wirft
und schultern zuckt
wie wir es zuletzt in hollywoodfilmen aus den
späten dreißigern gesehen haben

strange saints

die aktiven kirchen in malta
folgen dort
- wo man es sich leisten konnte -
dem italienisch.spanischen art-concept
lebendig bedeutender gemeinden

jede mengen bilder
von - überwiegend geistlich, männlichen
personen, die der kleidung nach
aus deinem jahrhundert
und politisch bedeutsam

die schwelle zwischen
erinnerung und verehrung
ist eine unheimlich
unsichtbare

und es stört meine
harmonie
wenn meine päpste
in symetrie
mit den großen heiligen
von den freskos strahlen

doch dann auch meine
neuen absoluten favorits
heilige gestalten
die nicht wie aus himmeln herabgestigen
sondern wie aus comics
hinaufgeklettert



Sonntag, 7. Juli 2013

tlv Beach

sommerglut in unseren gesichtern
sand zwischen unseren zehen
das wolfsrudel formiert sich
nur die leitwölfin
fehlt noch

sehen und gesehen werden
auch wenn einzelne von uns
schon jensets des durchschnittsalters
kabinenparty im hintergrund
während vorne die
schönen und jungen der stadt
vorbeidefilieren

fast.full.impact
in der klo-schlange
feststellen dass sie bezaubernd ist
und dann dennoch durch ihr tatoo auf der schulter
abgelenkt werden - was sinnlos ist -
denn zum entziffern von römischen datumswerten brächte ich meine tochter.
selbst ihr parfum hätte mehr informationswert
wenn mich gestern nicht noch ein sommerschnupfen erwischt hätte

Sonnenuntergang
ungefiltert
weil dieses rot/gelb/orange
schon alles hat
und unsere augen morgen sowieso
von der computerarbeit
der letzten tage
tränen werden

zerstreute menge
und das rundel ist nur mehr
um 1 von der
kühle einsamkeit
entfernt

und jeder aufbruch
dann doch immer etwas wie ein flucht

die morgentermine um 8
schaffen uns genauso wie wir sie

und das einzige was mich
kompromittiert
ist sandstaub
auf meinen schuhen

Samstag, 15. Juni 2013

große gefühle/ sehnsucht

hinter uns die Kremser Kunsthalle
(große Gefühle - große Kunst)
vor uns Hollabrunn
wo heute auch noch
in einer überhitzen Turnhalle
Gefühle gekocht werden

am weg
auf der Landstraße
ein Habicht
tief über unserem Auto
der im heißen sommerwind trudelt
und endlich höhe gewinnt
und über die felder gleitet
die von einer flut verschohnt
aber von keiner sonne verwöhnt

mein blick folgt im nach
adlergleiches davonfliegen
auf Augenhöhe nur ein Horizont
und plötzlich bricht das gefühl durch

ein gefühl von ganz unten
aus dem versperrten Hinterzimmer
unter der morschen diele
tausend mal wieder vergessen
eingeschlagen in altes staubiges sackleinen
und gewachsten tafelblatt
rote samtschleife
zuletzt noch durch eine schicht Bazooka
kaugummipapier
und dann liegt es offen da

es ist ein kleinjungengefühl
und deshalb schnell die augen zu
und weg

(egal was es mal gewesen ist,
wenn es nur lange genug abgehangen ist,
wird immer Melancholie draus)

Mittwoch, 29. Mai 2013

dialog (beziehungskrimi)

...und dann sagte sie
(die in dem tatort krimi)
nach einer wirklich langen dramatischen pause
"ich habe jemanden kennen gelernt"
und meint damit aber
"deine welt wird gleich zusammenstürzen"

und ich darauf
(hineingedacht in seine rolle)
"nah Gott sei dank,
ich dachte schon du hast krebs"

doch nach dem abspann
dann die frage
wie soll ich jemals wieder
so was harmloses wie
"ich habe jemanden kennengelernt"
ausdrücken
ohne dabei an den emotionalen säulen der welt zu rütteln

"ich habe jemanden kennengelernt, aber es ist nicht was du denkst" ???

Donnerstag, 23. Mai 2013

a punch of passing strangers (doing angels jobs)

Heimweg in eile
mein Zeitfenster ist knapp
und im letzten Augenwinkel
bevor ich in mein Haus einbiegen kann
eine Irritation

ein Arbeiter
am Boden kniend
hilfloser Blick
und in seinen einen Armen
lehnend
ein krampfend alter Mann

der griff zum Handy
(endlich wirklich für was gut)
und dann die Panik

inzwischen ein Mann
mit Blumenstrauß auch hier
und ein Philippino
der sich einbremst

"Rettung - 144?"
stell ich die Frage während ich zweimal
hilflos das falsche Menü erwische

"R" ist hinten und "4" ist hinten
also schnell gewählt
auch Blumenstrauß weiß es nicht
als ich es schon an mein Ohr presse

Erleichterung als
"Wiener Rettung"
dann während dem ersten Läuten schon
"wo ist der Unfall passiert"
(ohne Begrüßung)

verträumt mein blick aufs Haus gegenüber
wo weiß auf blau
"Gentzgasse 29"
und meine eigene Wohnadresse
wäre mir in diesem Moment nicht eingefallen

und dann macht es klick
und endlich schalte ich in Kriegszustand
gespannte Ruhe im Kopf
alle Sinne nach außen
und Gefühle irgendwo unten in den Schubladen

Situationsbericht
"Krämpfe" sage ich
"epileptischer Anfall" sagt Blumenstrauß und
"Wiener Rettung" unisono
und jetzt knie auch ich
um guten Blick und die richtigen Worte zu finden
knappe Fragen aus der Einsatzzentrale
und während ich spreche merke ich dass der
am anderen Ende der Leitung die Augen geschlossen
hat um durch meine worte zu sehen

letzte Anweisungen
und dann das Warten
und wir sind wieder auf uns allein gestellt
ich bin der Mann mit dem Funkgerät
und der krawattenträger

leichte Verbesserung
stoßweißes Atmen
irgendwann halte ich den Blumenstrauß
und der Arbeiter holt
seine Wasserflasche
und sein Handy
das zwar im Auto nebenan
aber viel zu weit weg gewesen

Philippino räumt
Baustellenschutt aus dem Weg
und sorgt für Schatten

4 Fremde
wir organisieren uns irgendwie
weil nur die hälfte von uns
wirklich eine gemeinsame Sprache
spricht

langsam kehrt die Ansprechbarkeit zurück
und im ersten heulen der Rettungssirene
tritt Blumenstrauß einen geordneten
Rückzug an
und auch das nur deswegen weil der Mann zwar noch am Boden
aber dafür jetzt endgültig wieder
da ist

im Einbremsen des Ambulanzwagens
schon der erste der sich aus der Tür schwingt
die harten Kerle
übernehmen die Kontrolle
und mein Versuch eine ordentliche Meldung zu machen
scheitert an ihrer Ignoranz

und wozu eine Schilderung
dessen was war
wenn man den Patienten jetzt zur Hand hat
und ich vielleicht nur einer
der sich wichtigmachen will

wir sind entlassen
der Arbeiter und ich wieder alleine
wir wissen was wir getan haben
auch wenn wir nicht darüber sprechen können
weil uns ein gemeinsames Vokabular fehlt

wir bedanken uns gegenseitig
und ich klopfe auf seine Schulter
besseres als Anerkennung fällt mir nicht ein

wir gehen unserer Wege
ich am äußersten Rand meines Zeitfensters
aber immer noch innerhalb

Schritte verhallen im Eingangsraum
und meine einzige Spuren in der Geschichte
ist meine Handynummer
in einem Telefonprotokoll.