Mittwoch, 29. Mai 2013

dialog (beziehungskrimi)

...und dann sagte sie
(die in dem tatort krimi)
nach einer wirklich langen dramatischen pause
"ich habe jemanden kennen gelernt"
und meint damit aber
"deine welt wird gleich zusammenstürzen"

und ich darauf
(hineingedacht in seine rolle)
"nah Gott sei dank,
ich dachte schon du hast krebs"

doch nach dem abspann
dann die frage
wie soll ich jemals wieder
so was harmloses wie
"ich habe jemanden kennengelernt"
ausdrücken
ohne dabei an den emotionalen säulen der welt zu rütteln

"ich habe jemanden kennengelernt, aber es ist nicht was du denkst" ???

Donnerstag, 23. Mai 2013

a punch of passing strangers (doing angels jobs)

Heimweg in eile
mein Zeitfenster ist knapp
und im letzten Augenwinkel
bevor ich in mein Haus einbiegen kann
eine Irritation

ein Arbeiter
am Boden kniend
hilfloser Blick
und in seinen einen Armen
lehnend
ein krampfend alter Mann

der griff zum Handy
(endlich wirklich für was gut)
und dann die Panik

inzwischen ein Mann
mit Blumenstrauß auch hier
und ein Philippino
der sich einbremst

"Rettung - 144?"
stell ich die Frage während ich zweimal
hilflos das falsche Menü erwische

"R" ist hinten und "4" ist hinten
also schnell gewählt
auch Blumenstrauß weiß es nicht
als ich es schon an mein Ohr presse

Erleichterung als
"Wiener Rettung"
dann während dem ersten Läuten schon
"wo ist der Unfall passiert"
(ohne Begrüßung)

verträumt mein blick aufs Haus gegenüber
wo weiß auf blau
"Gentzgasse 29"
und meine eigene Wohnadresse
wäre mir in diesem Moment nicht eingefallen

und dann macht es klick
und endlich schalte ich in Kriegszustand
gespannte Ruhe im Kopf
alle Sinne nach außen
und Gefühle irgendwo unten in den Schubladen

Situationsbericht
"Krämpfe" sage ich
"epileptischer Anfall" sagt Blumenstrauß und
"Wiener Rettung" unisono
und jetzt knie auch ich
um guten Blick und die richtigen Worte zu finden
knappe Fragen aus der Einsatzzentrale
und während ich spreche merke ich dass der
am anderen Ende der Leitung die Augen geschlossen
hat um durch meine worte zu sehen

letzte Anweisungen
und dann das Warten
und wir sind wieder auf uns allein gestellt
ich bin der Mann mit dem Funkgerät
und der krawattenträger

leichte Verbesserung
stoßweißes Atmen
irgendwann halte ich den Blumenstrauß
und der Arbeiter holt
seine Wasserflasche
und sein Handy
das zwar im Auto nebenan
aber viel zu weit weg gewesen

Philippino räumt
Baustellenschutt aus dem Weg
und sorgt für Schatten

4 Fremde
wir organisieren uns irgendwie
weil nur die hälfte von uns
wirklich eine gemeinsame Sprache
spricht

langsam kehrt die Ansprechbarkeit zurück
und im ersten heulen der Rettungssirene
tritt Blumenstrauß einen geordneten
Rückzug an
und auch das nur deswegen weil der Mann zwar noch am Boden
aber dafür jetzt endgültig wieder
da ist

im Einbremsen des Ambulanzwagens
schon der erste der sich aus der Tür schwingt
die harten Kerle
übernehmen die Kontrolle
und mein Versuch eine ordentliche Meldung zu machen
scheitert an ihrer Ignoranz

und wozu eine Schilderung
dessen was war
wenn man den Patienten jetzt zur Hand hat
und ich vielleicht nur einer
der sich wichtigmachen will

wir sind entlassen
der Arbeiter und ich wieder alleine
wir wissen was wir getan haben
auch wenn wir nicht darüber sprechen können
weil uns ein gemeinsames Vokabular fehlt

wir bedanken uns gegenseitig
und ich klopfe auf seine Schulter
besseres als Anerkennung fällt mir nicht ein

wir gehen unserer Wege
ich am äußersten Rand meines Zeitfensters
aber immer noch innerhalb

Schritte verhallen im Eingangsraum
und meine einzige Spuren in der Geschichte
ist meine Handynummer
in einem Telefonprotokoll.