Donnerstag, 14. Mai 2015

zen (waldviertelstyle)

ich sitze im kühlen Gras
am Ufer
und die Thaya fließt gemächlich vorbei
also ob sie -
bevor sich das Weltall wieder zusammenzieht -
nirgends mehr hin will.

Das Wetter hat diesen Tag gehalten
und dramatische Wolkenformationen
holländischer Landschaftsmaler ziehen über den Himmel
und Gottes großer Diaprojektor
heizt seine Strahlen durch die Lücken
als ob uns heute noch die Außerirdischen
abholen wollen.

In wenigen Minuten
den Tag Revue passieren lassen
- ein Leben bilanzieren -
während zwei Zugvögel
in enger Formation den alten Turm der Raabser Burg umkreisen
und sich noch nicht entschieden haben
wollen sie Falke, Sturm oder nur ein großer Gesang sein.

Für einen Augenblick Ruhe gefunden,
die Erhabenheit einer Schmeißfliege auf der Hand genießen
und eine Ameise bemerken die meinen Rücken hochklettert.
Festzustellen - nicht mit dem Wissen des Kartografen sondern mit dem eines Weltenbauers -
dass sie Salzstraße hoch kommt,
den gleichen Weg den meine Schweißtropfen in der Sauna vorhin
nach unten genommen haben,
als sie - der gnadenlosen Schwerkraft folgend -
in ihrem langen Fall ihre Substanz verloren.

Beim rauf gehen ins Zimmer,
den Bademantel vom Hacken nehmen
und ihn halb hinter sich herziehen
wie ein blutdurchtränktes Cape,
und die Stufen hochsteigen
wie ein müder - aber unverletzter - Torero,
der das Abschlachten noch vor sich weiß.

und die Traurigkeit der ungeschriebenen Worte
bis du es endlich an eine Tastatur schaffst...


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